Donnerstag, 23. Juli 2009

Herbstreise 2008

Herbstreise 2008
Zurück in die 2. Heimat
Teil 1

Am Sonntag, den 12. Oktober startete EasyJet pünktlich um 7.45 Uhr vom Flughafen Berlin-Schönefeld und landete ebenso pünktlich um 10.30 Uhr in Lisboa (Ortszeit). Der Flug war ruhig und der Anflug auf Lisboa von der Costa da Caparica immer wieder schön. Wir hatten unsere Reisetasche mit Rollen wohlweislich mit einem Klebeband markiert, denn manchmal staunt man, wie viele Gepäckstücke auf dem Laufband gleich aussehen. So konnten wir ihn gleich identifizieren. Schnell aus der Flughafenhalle nach draußen und eine Zigarette rauchen.

Wir hatten noch gar nicht aufgeraucht, da kam uns auch schon Ferdie mit Freundin entgegen. Susita, seine in Berlin lebende Mutter, hatte uns ja eine Weihnachtsstolle für ihn mitgegeben, obwohl er ja am 17. Dezember für 4 Wochen nach Berlin kommt. Kurzer SmallTalk und dann liefen wir die Straße zur Bushaltestelle herunter. Gleich fanden wir sie auch und mussten gar nicht lange auf den Bus zum Oriente-Bahnhof warten. Dort stiegen wir nach kurzer Fahrt aus und gingen direkt zum Tejo am Expo-Gelände, wo wir die portugiesische Sonne und den Blick auf den Fluss auf uns wirken ließen. Danach kauften wir uns Fahrkarten für den Intercidade um 13.20 Uhr nach Loulé, immer noch 17,50€ für die 2. Klasse pro Person und spazierten dann zum Imbiss hinter den Bahnhof, wo wir uns erst einmal ein bisschen stärkten und ein erstes Imperial, Fassbier vom Hahn, tranken.

Alles sehr vertraut und die hilfsbereiten, lächelnden und freundlichen Menschen waren natürlich auch da. Eben Portugal und eine andere Welt. Ich fühlte mich sofort wieder wie zu Hause und gleich „angekommen“. Ein Gefühl, welches ich diesmal auch mit Bärbel teilen konnte, die wohl ähnlich empfand, dies aber leider nur zu selten in Worte zu kleiden vermag.

Im Intercidade fanden wir schnell unsere Plätze, gingen aber zunächst in das BordBistro, wo ich den mir schon 2x innerhalb mehrerer Jahre begegneten „Bistro-Chef“ diesmal nicht antraf. Stationen in Lisboa: Entre Campos, Sete Rios und dann die Brücke ’Ponte 25 de Abril’, deren Überquerung immer ein Hoch-Gefühl, im wahrsten Doppelsinne des Wortes, auslöst. Weiter 3,5 Stunden ab nach Süden. Rauchen nur noch an der Tür, wenn der Zug irgendwo im Bahnhof, hoffentlich etwas länger, hält. Im Zug findet man immer nationale und internationale Gesprächspartner. So auch diesmal. Dabei vergeht die Zeit wie im Flug. Pinhal Novo, Alcacer do Sal, Grandola, vielleicht kommt mal ein Film: „Korkeichen säumten sein Weg“, Odemira, Tunes, Albufeira und schon ist man letzten Endes der Strecke nach kurvenreicher Fahrt da in Loulé, „die Hauptstadt der Welt“, wie nur Carlos immer meint.

17.06 Uhr. Der Zug kommt pünktlich in Loulé an. Wir sind fast die einzigen Fahrgäste, die dort ausstiegen. Nun mussten wir über die Gleisüberführung zur Bahnhofshalle. Jetzt hoffte ich heimlich, das Carlos noch nicht da wäre, da wir dann noch gemütlich vor der Bahnhofskneipe ein Bier zischen könnten. Falsch, denn Carlos saß schon wie eine Ikone als einziger dort. Kein Problem, denn nach Umarmung und Begrüßung tranken wir noch gemeinsam eine Flasche Sagres, dann fuhren wir nach Vilamoura in den Fuchsweg (Caminho da Raposa), wo wir auspackten, uns frisch machten und raus zu Carlos` kleinem Lieblingsplatz liefen. Der ist dort neben dem Kino, wo es eine kleine Kneipe, den Alisupermercado, einen Zeitungsladen und eine südamerikanische Disco gibt, von der ich noch berichten werde. „Zuhause“ in Carlos`Haus gaben wir ihm die bestellten Zigaretten-Hülsen von LIDL, die Ersatz-Rollen für den LEHNARTZ Paint-Stick XXL, so eine Malerrolle, wo die Farbe gleich im Stiel drin ist, die Carlos mal in der Wilmersdorfer Straße, hier in Berlin, kaufte sowie die obligatorische Weihnachtsstolle von Susi. Dann war dieser erste lange Tag auch schon vorüber.

Von nun an geht die Berichtung nicht mehr zeitsynchron, weil ich keine Tagebuchnotizen anfertigte. Wir lebten einfach portugiesisch weiter. Was würde Euch auch ein Tagebuch nützen? Ihr würdet Euch nur langweilen. Hier ist es an der Zeit, einmal zu erwähnen, das alles, aber auch alles, ohne Probleme ablief. Selbst unsere kleinen „Verläufer“ in Vilamoura führten uns immer wieder zurück. Schließlich liebe ich auch die portugiesische Sprache, die ich hier ja nur zu oft zur Anwendung bringen konnte. Bis auf wenige Ausnahmen, wurde auch alles verstanden, was ich sagte. Da sind wir schon beim Stichwort. Einmal fuhren wir mit Carlos nach Loulé mit dem Bus und ich wollte beim Fahrer die Bilhetes für uns drei kaufen. Der Fahrer gab mir 2 Tickets und das Restgeld zurück. Ich sagte: „Tres“ und bezahlte Carlos` Ticket nach. Ich sagte zu Carlos, das ich doch „tres“ gesagt habe, aber Carlos meinte nur, das dem Fahrer mein „tres“ wohl zu deutsch war. Schon wieder ein Lacher auf meine Kosten.

Vilamoura und Quarteira "entdecken"
Teil 2

So kann es gehen, wenn man sich keine Tagebuch-Notizen macht. Am ersten Abend waren wir noch gar nicht an Carlos` Lieblingsplatz, sondern wir gingen mit ihm in ein Altstadt-Viertel von Quarteira, welches wir danach niemals mehr wieder finden sollten. Wir wollten essen gehen. Carlos lief von einem Restaurant zum anderen und alle waren geschlossen. Dann, an einer Ecke, wurden wir fündig. Kein Tourist würde sich hierher des Abends verlaufen. Es war gut gefüllt, aber wir fanden einen Platz. Carlos und ich teilten uns eine Fisch-Feijoada (Bohnensuppe portugiesischer Art mit Fisch, üblicherweise mit Fleisch) und Bärbel bestellte sich leckere Großgarnelen in Knoblauchsauce. Es war sehr deftig und gemütlich, denn Carlos ist ja vom alten Schlag, mag solche Viertel sehr, wie auch solch kleine, romantisch einfache Dörfchen wie Alte und Benafim. Benafim sowieso, denn dort ist er geboren und aufgewachsen. Und Viertel, wo auch Schwarzafrikaner leben, denn er war ja oft in Afrika und auch im Krieg in Mocambique. Die Mutter seiner Kinder Joao und Tatjana, Samira, stammte ja ursprünglich aus Angola. Und ich teile diese Vorlieben mit ihm, denn sie sind für mich noch ein Stück des „alten Portugals“.

Erst am nächsten Tag zeigte er uns das vorbeschriebene Viertel am Alisupermercado, welcher zu einer Kette absoluter Ramschläden gehört. Teuer und Schrottskie, wie Carlos zu sagen pflegt. Verkäufer, im Untergeschoss bei u.a. einer halbleeren Tiefkühltruhe mit Fisch, Fehlanzeige. Nach einmaligem Einkauf dort, zogen wir dann doch die spanischen Lafers-Supermercados vor.

Bei dem Spaziergang zu diesem Kiez merkten wir uns, respektive mehr ich, den Weg. Einen Abzweig verpasst und man hat sich heillos verlaufen. Was ich dann auch einmal schaffen sollte, heillos verlaufen. Carlos´ Haus liegt auf einer kleinen Anhöhe in einer Gegend Vilamouras, die man durchaus, aufgrund ihrer exklusiven Lage, mit dem Berliner Grunewald vergleichen kann, vielleicht sogar sauberer und gepflegter als dieser, wobei die Bäume, bis auf wenige Korkeichen, fast ausschließlich Pinien sind, aber die Blütenpracht an den Wegen und in den Gärten, das Vögelzwitschern, die Fauna und Flora insgesamt sowie die mildwarme Luft, hat nichts mit einem Oktober in Berlin gemein. Ein ruhiges Villenviertel nördlich der Marina (Jachthafen) und dem Atlantik. Wir haben uns Orientierungspunkte gesucht. Die kleine, postmoderne Kirche, zwei markante, große Häuser, eine Palme, die, wie so oft in Portugal gesehen, mitten auf einem Bürgersteig steht und einem zum Drumherumlaufen zwingt und den „Carlos“. Eine große Statue an einem großen Kreisverkehr in der Nähe eines Postamtes, welches wir am vorletzten Tag noch von innen kennen lernen konnten. Diese Statue habe ich einfach als „Carlos“ umgetauft. Ich sagte oftmals zu meiner Frau, das ich mich ab dem „Carlos“ wieder auskenne. Im Zeitungsladen kaufte sich Bärbel eine BILD und ich eine Correio da Manhã (Morgenpost), Carlos und ich tranken ein frisches Imperial, üblicherweise in 0,2 l-Gläsern ohne Schaum und es hat weniger Alkohol, als ein deutsches Bier, vergleichbar mit einem Kölsch. Nun verabschiedete sich Carlos von uns, überlies uns unserem Schicksal, er wollte nach Loulé und dort das Auto von seiner Tochter holen.

Nun wollten wir aber endlich an den Atlantik. Den Hinweisschildern folgend, liefen wir in Richtung Jachthafen, welcher auf portugiesisch ‚Marina’ heißt. Dort angekommen, konnte ich mich partout nicht mehr an unsere Jacht erinnern. War es die weiße, die schwarze oder die silberfarbene?

Eine größer als die andere. Rechts und links neben dem Hafenbecken zahllose Nobel-Restaurants und Souvenirläden. Wir nahmen die rechte Promenade, die falsche, die uns nicht zum Atlantik führte, an deren Ende wir wieder Rast machten und unser wohl teuerstes Imperial mit 2,20€ tranken. Die Preisspanne also von 0,80€ bis erwähnte 2,20€. Die ersten von unzähligen englischen Touristen säumten auch schon am späten Vormittag unseren Weg. Dabei vermieden wir stets jegliche Fraternisierung, bis auf eine kleine Ausnahme in Alte an der Fonte (Quelle). Zwar waren wir ja auch Touristen, aber irgendwie doch anders. Nach dem uns das teuere Bier fast im Halse stecken geblieben war, liefen wir nun zurück und auf die linke Promenade in Richtung Hotel ’Tivoli’. Eine hässliche, teuere Bettenburg, bei deren Architekturzeichnung der Architekt wohl zu viel Vinho tinto (Rotwein) getrunken haben musste oder er war von einer Plattenbausiedlung von Hohenschönhausen inspiriert.

Links neben dem „Kasten“ vorbei und wir waren am Atlantik. Endlich. Mitte Oktober nach Portugal an die Algarve zu reisen hat einen großen Vorteil, das gros der Touristen ist wieder weg. Bei uns war das aber mehr eine Überlegung aus unserer Finanzplanung. Also hatten wir den langen Sandstrand von Vilamoura bis Quarteira fast für uns allein. Fast, denn Scharen von Möwen nahmen dort nun Platz. Ein Stück lang liefen wir dicht am Wasser im Sand, bewunderten die längliche Form der Muscheln, zigarrenähnlich, dann aber gingen wir auf dem Holzweg weiter. Obwohl wir nun „auf dem Holzweg waren“, wie ich zu meiner Frau scherzhaft sagte, fanden wir eine kleine, weißgetünchte Holzbaude. Manchmal findet man sogar auf einem Holzweg ein nicht gesuchtes Ziel. Hohe Philosophie oder Nonsens?. Eine kleine Couch, wenige Tische und ein sehr nettes Wirtsleute-Paar. Bei brasilianischer Musikuntermalung mit Copacabana-Gefühl trank Bärbel einen Port und ich einen Moscatel com uma pedra de gel (Muskateller-Wein, Likörwein mit einem Eiswürfel) und wir schauten lange aufs Meer hinaus. Reinhard – ‚der alte Mann und das Meer’, nur die Havanna bzw. Monte Christo fehlte. Ich musste an Ernest Hemingway auf Cuba denken. Entspannung und Erholung pur. Unsere Lippen waren schnell sehr salzig, lediglich von der Seeluft. Die Einkehr dort sollte nicht unsere letzte bleiben. Wir hatten unseren „Lieblingsplatz“ gefunden. Nach etwa anderthalb Stunden schafften wir endlich den Aufbruch von diesem göttlichen Platze. Bei der herzlichen Verabschiedung fragte ich nach dem Weg nach Quarteira und der freundliche Wirt zeigte uns diesen.

Etwas landeinwärts war eine kleine Straße am Rande einer kleinen Favela vor der Kulisse von teuren, modernen Neubauten (Favela - Wikipedia: „Die Behausungen in Favelas bestanden früher nur aus Kistenbrettern, Blechkanistern und Palmwedeln (Baumaterialien)...“). Heute auch noch, das kann ich wohl bestätigen, obwohl Carlos das im Gespräch erst nicht wahrhaben wollte und meinte, dass dort nur Fischer ihre Boote ausbessern, was aber nur teilweise die ganze Wahrheit ist. Schlussendlich einigten wir uns darauf, das dort auch einige arbeitslose, arme afrikanische Emigranten „hausen“. Kühlschrank im Freien vor der ...Tür ist fast zuviel gesagt.

Beim Erreichen der Stadt trafen wir auf die bereits geschlossene Fisch-Markthalle. Im Laufe unseres Portugalaufenthaltes trafen wir stets auf bereits geschlossene Fisch-Markthallen, in Loulé, in Olhão, denn bis wir vor Ort waren, waren die Fischlein schon verkauft, von Sargo bis Pargo (Fischsorten, Pargo = Brasse), beim almoçar (Mittagessen 12 – 14 Uhr in Portugal) auf dem Tisch und die Hallen wurden ausgespült und gesäubert für den nächsten Tag. Wer steht im Urlaub schon so früh auf, nur um in eine stinkende Fisch-Markthalle zu gehen, obwohl sie alle eine interessante Architektur aufweisen? Nun wollten wir schon weiter in die Stadt hinein, kamen aber nur bis zum Restaurant Cervejaria Marisqueira CENTRAL, das beste Haus am Platze am Ende der Rua Vasco da Gama, direkt mit einer Art Wintergarten mit Blick auf den Atlantik. 40 Jahre steht es dort schon und hat auf uns gewartet. http://www.thealgarve.net/bizz/central/
Ein wunderschönes Ambiente und wir waren wohl die einzigen Gäste, da wir außerhalb der in Portugal üblichen Essenszeiten, dem knurrenden Magen folgend, dinieren wollten. Ein multikultureller Kellner, der, als er hörte, das wir Deutsche sind, sein deutsch gleich an uns anwendete und uns fast nicht mehr von der Pelle ging. Er spricht aber auch englisch, spanisch und ein bisschen französisch. Ich wollte nun, mangels Besuch der Fischhalle, ein „kleines Fischlein“ verputzen. Wir wählten uns einen großen Pargo aus, der wohl für uns 2 reichen sollte. Er filetierte am Tisch und wir speisten fürstlich bei fürstlicher Aussicht auf den leeren Atlantikstrand. Ab und zu machten ein paar Kätzchen ihr Geschäft im weichen Sand, was sie aber ordentlich nach Katzenmanier verbuddelten. Das gehört eigentlich nicht zum Essen, war aber Tatsache und warum soll ich das verschweigen. Ihr lest ja gerade und esst wahrscheinlich auch nicht dabei. Wir hatten das volle Programm. Wein, Bica, Weinbrand. Dann kam die fürstliche Rechnung mit 65€, die teuerste unseres ganzen Urlaubs. Und alles nur wegen eines kleinen Fischleins. „Du mit Deinem Fischlein“, durfte ich mir von Bärbel fortan des öfteren anhören, obwohl ich immer einen sparsamen Blick auf unsere Reisekasse hielt.

Ausflüge und Loulé
Teil 3

Carlos sagte es mir bereits und beim Fischlein-Essen und Blick auf den Strand fiel mir der eingezäunte Fischerhafen auf. Dieser ist scharf bewacht und kein Fremder darf dort hinein. Mir kam nun die Frage, warum muss ein Fischerhafen eingezäunt sein? Meine Vermutung wurde dann durch den netten Kellner bestätigt. Es geht darum, das kein Fischlein schwarz, also an der Steuer vorbei, verkauft wird. Und natürlich will die Großhandels-Lobby die Fänge und damit den Markt unter ihrer Kontrolle behalten. So weit ist es heutzutage gekommen.

Diese Reise hatte keine direkten einzelnen Höhepunkte, denn sie war ein einziger Gesamt-Höhepunkt, Gesamt-Kunstwerk?, mit Priorität „Bärbel“. Vielleicht eine Ausnahme. Der letzte Abend in Cascais, wo wir mit Ferdie und Freundin und Freund Sé Caetano das Fußballspiel Benfica gegen Hertha BSC Berlin bei einer Live-Übertragung aus dem Berliner Olympiastadion im Fernsehen ansahen. Dazu aber später mehr.

Über unsere Ausflüge nach Olhao an den Rio Formosa via Faro, den wir mit öffentlichem Verkehrsmittel, sprich mit dem Bus der Gesellschaft EVA-Bus und den nach Silves an den Rio Arade via Loulé mit dem Regionalzug machten, ist nicht viel zu berichten. Die Anschlüsse waren hervorragend. In Olhao angekommen, dachte ich zunächst, welch hässliche Stadt. Dort, wo wir ankamen, am Terminal Rodoviario, war es wirklich nicht schön und es konnte doch noch nicht alles gewesen sein. Wir fragten uns zum Altstadt-Zentrum durch und kamen an die bereits erwähnte, bereits geschlossene Fischmarkt-Halle und eine herrliche Promenade am Rio Formosa.

Auf der Rückfahrt, etwa 10 Minuten vor Erreichen von Quarteira, stand die Sonne schon sehr tief. Im Bus beschäftigte mich nur eine Frage: „Schaffen wir es bis zum Sonnenuntergang?“ Der Bus entlud uns in Quarteira und noch 2 Minuten bis zur Uferstraße, wir sind fast gerannt. Und, wir haben den Sonnenuntergang gesehen. Es war kein spektakulärer Sonnenuntergang, aber faszinierend dennoch.

Die Fahrt nach Silves unternahmen wir von Loulé, vom „Zugbahnhof“, wie Carlos immer sagte und wo er uns um 12 Uhr mittags ablud. Der Zug fuhr aber erst um 13.20 Uhr und so hatten wir noch genügend Zeit, uns in der von mir so gemochten Bahnhofskneipe zu verlustieren. Die Fahrt in die Berge nach Silves ist wirklich auch sehr, sehr schön. In Silves stiegen nur wir beide und eine ältere Dame aus. Ich wusste, das es zur Innenstadt sicher noch eine kleine „Weltreise“ sein würde und so sprach ich die nette Dame an und meinte, das wir uns ein Taxi gemeinsam nehmen und uns die Fahrtkosten teilen könnten. Gesagt, getan. Nach etwa 2 km waren wir in der Innenstadt, aber die nette Dame wollte die 3,50€ komplett selbst bezahlen und wünschte uns noch eine angenehme Reise. Wir wanderten hoch zum Castelo, konnten aber nicht hinein, weil die Räume für eine neue Ausstellung vorbereitet wurden.

Ich empfand Silves als das Monchique für Arme, weil wir ja Monchique aus Zeit- und Finanzgründen ausfallen lassen mussten. Der Rio Arade fließt hier gemächlich seinen noch schmalen Lauf. Leider war er hier mehr eine Kloake zu dieser Jahreszeit an der 5 alte Männer standen und schauten.

Die mit den dunklen Mützen oder Hüten, die, die man fast überall in Portugal sieht. Sie reden auch nicht, denn alles ist schon gesagt. Die Ponte Romana, also die Römische Brücke, mussten wir selbstverständlich überqueren.

Ebenso, wie in Alte, gingen hier die Uhren irgendwie anders, langsamer, beschaulicher. Es war auch ein wunderschöner Ausflug in einer Jahreszeit, wo die Stadt ihre verdiente Pause vom Tourismus macht. Eine kleine Festivität gab es doch noch. Marokkanische Wochen mit Kunstgewerbe und Speisen in Beduinenzelten am Hauptplatz.

Am Bahnhof zurück gekommen, hatten wir noch Zeit, Familie „Zigeuner“ zu beobachten. Ein notdürftig umzäunter, maroder Wohnwagen, der einfach an einer außer Betrieb befindlichen Lagerhalle „installiert“ war, mit Kühlschrank in Freiluftatmosphäre, war ihr Domizil. Ein Mädchen rannte ihrer dicken Mutter hinterher. Die Männer standen an den Gleisen und ein ca. 5jähriger Junge warf gerade sein Dreirad auf die Schienen, wo es auch geraume Zeit einfach liegen blieb und der Junge auch herum turnte. So etwas nimmt man hier nicht so genau. Der Zug nach Lagos war aber gerade durch, ob sie dies wussten, ich glaube, es wäre ihnen auch egal. Eine Fahrkarte hier zu kaufen, ist ein unmögliches Unterfangen, weil das Bahnhofsgebäude schon lange geschlossen ist. Wir hätten ja im Zug lösen können, käme ein Schaffner, aber es kam keiner und so fuhren wir „schwarz“ nach Loulé zurück. Nochmal, unsere Ausflüge waren immer sehr schön, aber leider zeitlich sehr eingeschränkt, da die letzten Busse im günstigsten Fall um 19.20 Uhr fahren und danach ist Ende. Dann geht „Land Portugal“ essen und schlafen! In Deutschland ist es in der Pampa ja auch nicht anders. Wir aber kamen um 20 Uhr in Loulé an und waren vollen Bewusstseins, das wir mit Öffentlichen nicht mehr zurück nach Vilamoura kommen könnten.

So ließen wir alle Fünfe gerade gehen und begannen mit einem Zug um die Häuser in Loulé am Abend. An erster Stelle stand selbstverständlich das Restaurant „Museu do Lagar“ von Roland aus Berlin. Dann folgte ein Spaziergang zum "A Muralha",

wo Carlos auch seine Finger drin hat und weiter zu Carlos „Stadthaus“ in der Travessa do Matadouro, welches sich gerade im Begriff des Einsturzes befindet, sich anschickte, nach und nach in sich zu fallen. Bärbel sollte vor Ort einmal sehen, wo ich beinahe mit den Mäusen und Ratten, unter zu Hilfenahme einer seiner Flinten, kämpfen und mich kalt waschen musste. Ich bin doch an der Algarve kein Warmduscher, damals gezwungenermaßen. Aufmerksame Leser kennen diese Story. Dann ging es zurück in Richtung Fontaine. Bärbel schickte ich Richtung Fontaine zur Telefonzelle und ich kehrte noch in einer dunklen Seitenstraße ein.

Eine sehr urige Kneipe mit Billardtisch und ich wurde auch gleich gefragt, woher ich denn käme. Ich war schon mal vor Jahren drin, weis aber nicht, ob Ihr meinen Geschmack dieser Lokalität teilen würdet, denn manche Unwissenden würden auch Spelunke sagen. Bärbel war im September vergangenen Jahres nach unserer „verunglückten“ Reise mit einem befreundeten Paar allein in Loulé. So besuchten wir auch das Restaurant, wo sich der männliche Part dieser Freundschaft mit einer russischen Bedienung für eine Nacht „anfreundete“. Der Wirt, ein arroganter alter Zausel, konnte sich nicht mehr an diese Bedienung erinnern. Hatte er Angst, das wir vom port. Finanzamt oder von der Russenmafia sind? Abschluss war die Kneipe, wo nur Männer drin sind und diese ist unmittelbar gegenüber der Fontaine. Jetzt war aber Schluss und wir gingen an die Kreuzung gegenüber Rathaus und Markthalle, wo sich ein Taxistand befindet. Es war Mitternacht und Loulé war gespenstisch leer. Kommt irgend wann ein Taxi? Nach etwa 20 Minuten war diese Frage erfolgreich beantwortet. Ein freundlicher Fahrer raste mit uns nach Vilamoura und nach Bezahlung von 16€ waren wir wieder zurück in Carlos´ Haus.

“Loulé ist die Hauptstadt der Welt“, dies behauptet zumindest Carlos immer. So hatten wir noch zweimal die Ehre, dieses Städtelein zu besuchen. Im Calcinha, „Schlüpfer“ frühstückten wir. Das ist in der „Laufstraße“ und eines der ältesten Kneipen Loulés, dort, wo der bronzene António Aleixo, ein Dichter der Stadt, davor sitzt und sitzt und sitzt und an dessen Tisch, ihm zu Ehren, auch mal ein paar leere Gläser Bier abgestellt werden.

Hier in Loulé trafen wir Carlos mit seiner Tochter und ein anderes Mal saß Carlos vor dem Restaurante Museu do Lagar mit Kumpels, die schon gut zugange waren.

Es war Freitagnacht und drinnen musizierte ein blinder Alleinunterhalter. Wir aber saßen draußen vor dem Restaurant gegenüber der Igreja Matriz. Eine Igreja Matriz gibt es fast in jeder Stadt und bedeutet so viel wie „Mutter-Kirche“, also eine der ersten, die jeweils vor Ort gebaut wurden und somit die ältesten sind.

Es war ein lauschiger Sommerabend im Oktober an der Algarve. Bei Wein und Bier gingen uns die Scherze nicht aus. Leider hat Bärbel so viel davon nicht verstanden, obwohl ich das eine oder andere doch geflissentlich übersetzte. Irgendwie hatte sie aber auch so ihren Spaß an uns lustigen Kobolden. Ich meinte, das wir vielleicht in die Kirche rein gehen und unsere Sünden beichten sollten. Sie entgegneten aber nur, das es so viele seien, das wir gar nicht mehr heraus kämen.

Einer der Companheiros (Kameraden), ein kleiner älterer dicker, war schon sehr betrunken und sagte, das er am Sonntag Geburtstag habe und wir eingeladen sein sollten. Er gab uns auch seine Adresse gleich um die Ecke. Dann wollte er uns erklären, das heute Sexta(-Feira), also Freitag, ist und dies auf deutsch 'Sonntag' heissen würde. Domingo (Sonntag) demnach auf deutsch 'Freitag'. Da muß er was verwechselt haben und es gelang uns nur mit vereinten Kräften ihn davon zu überzeugen, das es genau umgekehrt sei, worauf er noch eine Runde Wein ausgab. Das war ein kleiner Einblick in die weltverändernde Kommunikation des Nächtens zwischen Kirche und Burg, draussen vor dem wundervollen Museums-Restaurant, war mal eine Ölmühle, in Loulé an einem lauschigen "Sommerabend" Mitte Oktober. Schöner und lustiger geht´s kaum. So viel, wie dort, habe ich das ganze Jahr über nicht gelacht!

Am Ende eines unserer Ausflüge landeten wir auch wieder in Loulé am Bahnhof, welcher etwa 6 km von der Stadt entfernt liegt, zu einer abendlichen Stunde, wo sich hier Fuchs und Hase ‚Gute Nacht’ sagen. Im Bahnhofsrestaurant verweilten wir lange und bis kurz vor dem Rauswurf und schlussendlich fragten wir den Patrone, der in Portugal „Patrão“ heißt, ob er uns ein Taxi nach Vilamoura rufen könnte. „Das mache ich, ich fahre Euch“, meinte er und gab uns seine Visitenkarte, auf welcher stand, das er ein universeller Einzelunternehmer, also auch Taxifahrer, ist. So stiegen wir in seinen schwarzen Luxus-Van und er brachte uns sicher für 10€ nach Vilamoura. So viel zu Loulé.

Alte, Sandskulpturen und Saturday-Night-Fever
Teil 4

“Ick Alter war mit meener Alten in Alte bei eener Alten“. Ich liebe Wortspiele und dieses schreit gerade nach dazu, gespielt zu werden. Alte ist eine zauberhafte kleine „Stadt“, besseres Dorf trifft die Beschreibung besser, mit 2 Quellen in herrlicher Lage und so fuhren wir hin. Wir gingen an die Quelle, wo sich ein kleiner Kiosk befindet.

Dort ließen wir uns nieder. Eine ältere Frau machte unsere Getränke. Nun fragte Bärbel, ihren Genüssen folgend, nach Tremoços. Tremoços sind Lupinenkerne in einer Salzlake und in Portugal das, was Salzbrezeln zum Bier in Deutschland sind. Ich konnte mir nicht vorstellen, das die Alte in Alte dies im Angebot hätte, aber ich fragte dennoch danach, weil ich Bärbel einen Gefallen tun wollte. Hatte sie natürlich nicht und sie wusste auch gar nicht, was ich eigentlich meinte, denn sie kannte keine Tremoços. „Ich werde meinen Sohn fragen“, antwortete sie nur sehr freundlich. Dieser Sohn war aber nicht da und nur sein Rollstuhl stand im Kiosk-Raum. Dabei erfuhren wir, das sie Brasilianerin ist und aus der Gegend von Sao Paulo stammte. Ihr brasilianisches Portugiesisch war sehr gewöhnungsbedürftig. Da kam auch ein englisches Pärchen an unseren Nebentisch, die erwähnte Ausnahme von unserer Fraternisierung mit englischen Touristen und wir plauderten über dies und das in englischer Sprache und siehe da, es war ein älteres Paar, die sich ebenfalls noch abseits von den Trampelpfaden bewegen konnten. Es war eine kurze, aber sehr nette Begegnung. Wir blickten auf die großen Lavasteine, die zur Zierde am Hang lagen, bewunderten die großen Palmen und auf das kleine Anfiteatro (Amphie-Theater), welches vor einigen Jahren gebaut und dann zum 1. Mai-Feiertag eingeweiht wurde.

Dieses liegt gegenüber dem Quellflüsschen mit Blick auf eine kleine Bühne, wo an lauschigen Sommer-Wochenenden immer sehr interessante Veranstaltungen statt finden. Auch hier von diesem wundervollen Fleckchen Erde war leider rechtzeitiger Rückzug angesagt. Von Alte fuhr am frühen Nachmittag sowieso nichts mehr nach Loulé. Der letzte Bus nach Loulé fährt um 17.20 Uhr von Benafim. Nun, man hätte laufen können, etwa 2-3 km. Aber wo in Benafim ist die Haltestelle? Sollte man sich zeitlich vertun, dann sähe es ganz schlecht aus. In einem sehr schönen Restaurant im Zentrum von Alte und gleich bei der Kirche, fragte ich nach einem Taxi. Die zunächst recht reserviert wirkende Wirtin des Restaurants erklärte mir, das es in Alte und Benafim keine Taxen gäbe. Sie könne aber eines aus Messines rufen. Dies bat ich sie auch zu tun. „In etwa 15 Minuten kommt das Taxi“ und ich nutzte die Zeit, um ihr noch ein landestypisches Getränk, einen Medronho, Erdbeerbaum-Schnaps, abzukaufen, was sie dann aber bewog, uns ganz herzlich und freundlich zu verabschieden. Dann kam auch schon der freundliche Taxifahrer mit 10€ auf der Uhr und die kurze Strecke nach Benafim schlug noch einmal mit ca. 5€ zu Buche, sodass wir inklusive. Trinkgeld etwa 16€ berappen mussten. Er brachte uns aber an die richtige Haltestelle und wir hatten noch ca. 30 Minuten Zeit. Ein Apfelsinen-Baum guckte mich derweil, so dicht am Gartenzaun stehend, an, sodass ich nicht umhin kam, ihm eine seiner reifen Früchte, über den Zaun langend, zu entreißen. Vorher sah ich aber, das auf diesem Grundstück derzeit niemand war. Für Moralisten unter Euch, ich weis, das dies nicht so ganz richtig war. Bärbel pellte sie nun in der Wartehalle ab und wir ließen uns unsere frische Beute genüsslich schmecken.

Dann kam auch pünktlich unser letzter Bus nach Loulé, den wir, bis auf den Fahrer, für uns allein hatten.

Hier ist es an der Zeit für eine gewisse Verdeutlichung mit Klarstellung unserer Unternehmungen. Sieht man in Portugal eine Kirche, kennt man alle. Sieht man in Portugal ein Castelo, eine Burg, kennt man alle. Kunst- und Kulturhistoriker werden mir zwar vehement wiedersprechen, ich empfinde dies mit meiner mir eigenen Laienhaftigkeit und Naivität aber so. Oberflächlich gesehen, könnte man nach bisherigem Lesen dieser Reiseschilderung denken, das wir uns von Gastronomie zu Gastronomie gehangelt haben. Dies ist ja auch so und doch nicht ganz. Ohne uns rechtfertigen zu müssen, gibt es dafür ganz plausible Erklärungen. In Portugal gibt es mindestens so viele gastronomische Einrichtungen wie Fliegen. Da bedarf es schon einer uns fremden, ausgeprägten Willensstärke, die eine oder andere links liegen zu lassen. Fliegen kann man verscheuchen. Dann kommt noch der Harndrang dazu, der aus einem Teufelskreis resultiert. 2 kleine Imperial, man geht auf die Toilette und dieser Gang ermöglicht einem eine Strecke X bis zum nächsten Mal, wo alles wieder von vorn beginnt. Man kann in Portugal jede Restaurant-Toilette auch ohne den in Deutschland üblichen Verzehrzwang benutzen, aber, wenn man schon mal drin ist? Und ältere Menschen müssen ja nach einem längeren Fußmarsch auch eine Pause machen dürfen.

Toiletten als Stichwort? Diese sind meist mit modernster Bewegungs-Lichttechnik ausgestattet. Geht man in das Stille Örtchen, so geht auch gleich das Licht automatisch an. Setzt man sich nun auf das Klo, verharrt man meist in Stille, wie der Name es ja bereits sagte. Der Bewegungsmelder registriert also keine Bewegung und schaltet das Licht gleich wieder aus. Dann ist das Stille Örtchen auch ein stockfinsteres Örtchen, es sei denn, man fuchtelt dauernd mit den Händen in der Luft, dann geht auch das Licht wieder an.

Außerdem sind die Restaurants, Tascas und Pastelarias ja auch Kommunikationstreffpunkte und Teil der portugiesischen Kultur- und Lebensgewohnheit, wo man zeitgenössisches portugiesisches Leben studieren, sich austauschen, gemeinsam lachen und streiten (Fußball) und für Fremde, gelebte interkulturelle Kompetenz erwerben kann, was man bei den ollen Putten an den Kirchen schwer vermag. Unzählige größere Geschäfte werden in der Öffentlichkeit bei einem schönen Essen und einem Glase Rotwein besiegelt. Ich denke, das sollte auch den hartgesottensten Kulturfreak überzeugt haben. Aber ernsthaft, auf unseren Wegen sind uns so viele kulturelle, architektonische und künstlerische Dinge ins Auge gesprungen, das eine ausführliche Würdigung den Rahmen der Schilderung dieser Reise sprengen würde. Ein schönes Erlebnis soll hier dennoch seinen Platz finden. Bei unserem ‚Zug um die Häuser’ in Loulé und dort beim Abstieg vom Castelo hinunter zur Stadtmauer kamen wir an einer kleinen Manufaktur vorbei, deren Tür weit offen stand. Lange beobachteten wir den genialen, jungen Azulejos-Fliesenmaler vor seiner riesigen Staffelei, der uns stolz und freundlich anlächelte. Ich habe eine besondere Hochachtung vor dieser Art der Kunst und sah so etwas noch nie in natura. Es gibt noch einige dieser kleinen Manufakturen für die unterschiedlichsten Handwerke, die aber mehr und mehr vom Aussterben bedroht sind. Man muss schon immer genauer hinschauen, will man heute noch etwas vom „alten Portugal“ sehen.

Wo wir nun schon bei der Kunst sind, hat doch Bärbel einmal ein riesiges Plakat am Busbahnhof in Quarteira über die Sandskulpturen-Ausstellung FIESA 2008 in Pera gesehen. Ich sagte ihr, das sie die Internetadresse

http://www.fiesa.org/

aufschreiben möchte und ich im Internet den Ort recherchieren werde und wir dann dort hinfahren werden.

Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Bus von Quarteira nach Albufeira. Dort fragte ich einen Taxifahrer, der sofort Bescheid wusste. Dieser war so geschäftstüchtig, das er uns klar machte, das, würden wir den Bus nach Armação de Pêra nehmen, die Anlage nicht direkt in Pera ist und wir von Pera ebenfalls ein Taxi benötigen würden, was die gleichen Kosten verursachen würde, als wenn wir direkt von Albufeira dorthin fahren, wobei er auch noch Recht hatte. Selbstredend nahmen wir nach dieser genialen Erklärung sein Taxi. Dort angekommen, Eintrittsgeld bezahlt, kam erst einmal der AHA-Effekt.

Ihr habt ja den Link und könnt Euch auf der Originalseite im Internet informieren. Es war schwülwarm an diesem Tag und die Sandmassen reflektierten die Wärme, sodass man sich wie ein Steak auf einem heißen Stein vorkam, könnte man sich in ein Steak hinein versetzen.

Kurz vor Ende unseres Rundganges, wir waren auch hier fast die einzigen Besucher 2 Tage vor Ende der Ausstellung und weil auch einige Portugiesen, im Gegensatz zu uns, den Wetterbericht wohl aufmerksam für diesen Tag studiert hatten, sah ich am fernen Horizont bereits die ersten Blitze vor dunkelblauer Himmelskulisse zucken.

Bärbel schien zu diesem Zeitpunkt noch unbeeindruckt davon. Zur Erfrischung und um die müden Beine auszuruhen, setzten wir uns auf die kleine Terrasse und tranken jeder 2 Imperial. Nun war es völlig über uns, das Wetter und der Himmel war nur noch grau und es sah so aus, als wäre der Himmel komplett über der gesamten Algarve grau. Wir waren schon am Ausgang, liefen zu dem jungen Kellner zurück, baten um Anruf eines Taxis, welches in 20 Minuten kommen sollte. Nun standen wir erwartungsfroh am Ausgang/Eingang, ein Bauwerk ebenfalls aus Sand. Es schüttete aus Eimern und das Wasser schoss auf das etwas tiefer gelegene Gelände. Gewaltiges Donnern und Blitzen, wie ich es in Portugal noch nicht erlebt hatte. Wir durften uns mit in das Kassen-Sand-Häuschen unterstellen. Die junge Kassiererin war dermaßen freundlich, das uns die Zeit bis zum Eintreffen des Taxis schnell verging. Einmal lies sie uns sogar mit der Kasse allein, hätten wir stehlen können. Die Frage, die sich dabei allerdings stellen würde, wäre, wohin und womit fliehen? Bei dem Wetter wären wir ja zu Fuß nicht mal bis zum nächsten Kaktus gekommen. Autos „verirren“ sich hier zur samstagnachmittäglichen Stunde auch nur noch höchst selten. Pampa – Hier war nichts. Und weit und breit nichts. Ich fragte sie, ob heute nun, 2 Tage vor Ende der Ausstellung, hier alle Kunst weggespült werden wird? Nein, sagte die nette junge Frau, da alles speziell imprägniert sei.

Das Taxi kam und auf den 5 m dorthin, wurden wir pitschenass. Im strömenden Regen auf dem Highway zurück nach Albufeira, vorbei an dem Mega-Einkaufscenter „Algarve-Shopping“. Das Gewitter brachte auch eine gewisse Abkühlung, obwohl ich die eine Seite des Bus-Terminals in Albufeira wärmer als die andere empfand, vielleicht weil sie windgeschützter war. Dieser Tag sollte ein langer werden, aber das konnten wir zum jetzt beschriebenen Zeitpunkt noch nicht wissen.

In Vilamoura wollten wir an der Station Aldeia da Marina aussteigen. Ach, da war ja auch schon unser Orientierungspunkt, der vermeintliche „Carlos“. Wir gingen dann hierhin und dorthin und kamen in eine Straße, die vollends von bereits betrunkenen englischen Touristen okkupiert war.

Wenn Ihr diese „feiernden“ Engländer gesehen hättet, dann würden Euch die Deutschen auf Mallorca, Sangria aus Eimern mit Strohhalmen schlürfend, wie schüchterne Englein vorkommen. Es war Samstagabend und die Engländer ließen so richtig die Sau heraus. Guinness in Strömen. An einem der vorhergehenden Tage sagte uns mal ein Wirt, als wir uns in Vilamoura verliefen und in einem Seitenstraßen-Restaurant in der Nähe der vielen Golfplätze landeten und dort einen kleinen Imbiss aßen, das die Engländer alle „burros“ sind. Also Esel, wie wahr, wie wahr! Nicht alle, wie wir in Alte feststellen konnten, aber die meisten. Und das „Wichtigste“, sie können kein Wort portugiesisch. Es war ja gerade eine internationale Golf-Meisterschaft in Vilamoura und die vermögenden Engländer waren alle da. Gruselig. In dem einen Irish-Pub kamen wir über den Eingangsbereich nicht hinaus. Wir tranken jeder ein kleines Guinness und ein dicker, glatzköpfiger Engländer, sturzbetrunken, fiel fast auf Bärbel rauf. „Nur raus hier“, war unsere Devise. So genervt, schlenderten wir wieder zu Carlos´ und unserem kleinen Lieblingsplatz am Kino. Halt, vorher fanden wir dort am Ende einer Passage noch eine Lokalität, aus der afrikanische Musik heraus drang und am Eingang ein Rasta-Man mit Dreadlocks stand, die so lang waren, wie ich sie noch nie sah. Da konnten wir uns ein bisschen von den Engländern erholen. Es war gemütlich und freundlich, was auch meine kritische Bärbel gutierte.

Es war bereits meia noite, also Mitternacht, und die ersten jungen Leute kamen langsam in unsere Richtung. Die brasilianische Disco öffnete gerade ihre Pforte. Eine halbe Stunde später gingen wir auch herüber und bezahlten einen stolzen Eintrittspreis. Der Einlasser entschuldigte sich noch bei uns, das es noch relativ leer sei, was uns aber gleichgültig war. Wir entgingen der abtastenden Personenkontrolle, schienen wohl zu alt für terroristische oder sonstige Attentate. Wir suchten uns ein schönes Plätzchen in der hinteren Ecke der Disco und lauschten den brasilianischen Discoklängen. Nach und nach füllte es sich. Wir kamen uns vor, wie die beiden Alten in der Muppetshow.

Es war zauberhaft, die jungen, hübsch angezogenen Brasilianerinnen ihren Disco-Salsa tanzen zu sehen. „Wir tanzen nicht. Du forderst mich nicht auf“, sagte Bärbel respektvoll und warnend zu mir. „Die haben bestimmt eine Tanzschule besucht“, sagte Bärbel weiter. Das war mir aber auch so etwas von egal, denn ich konnte meinen Blick von einer Großen mit weißer Kleidung nicht lassen. Die jungen Männer tanzten zwar auch hervorragend, fielen in meiner Bewertung gegenüber den Mädchen doch deutlich zurück. Die moderne brasilianische Discomusik ist sehr melodisch, ganz im Gegenteil zu dem monotonen Techno-Gehämmere. Ein schöner Ausklang eines sehr langen, erlebnisreichen Tages.

Abschied von Vilamoura und Einzug in Lisboa
Teil 5

Unsere Zeit in Carlos´ schönem Haus in Vilamoura nähert sich dem Ende. Jetzt folgen nur noch kleine Episoden. Als wir des Sonntags einen ruhigen Tag verbringen wollten, gingen wir mal wieder mit Carlos Richtung Cinema, also an bereits mehrfach erwähntem Lieblingsplatz. Auf dem Wege dorthin kehrten wir in eine kleine Kneipe ein, die gleichzeitig auch Internet-Café ist, denn ich wollte eine Telefonnummer aus Deutschland suchen. Davor steht eine alte, knorrige Kork-Eiche. „Dieses Restaurant ist Tote Hose“, bemerkte Carlos scharfsinnig, denn außer uns, haben wir niemanden jemals drinnen entdecken können. Er setzte sich mit Bärbel an den Tresen und ich verkrümelte mich in die Ecke an einen der beiden Computer. „Was gibt es Neues in Guinea-Bissau?“, rief mir Carlos zu. Mit Google konnte ich ihm gleich eine entsprechende Seite aufmachen. Carlos schimpft mit mir immer in Berlin, das ich mit ihm doch deutsch reden soll, sonst versteht keiner von den anderen etwas. In Portugal forderte er mich hingegen permanent auf, sprich doch portugiesisch. Nun in diesem Internet-Café bestellte er noch 2 Bier. „Zwei Bier“, schoss es ihm versehentlich in deutscher Sprache heraus. Ich konnte mich nicht mehr halten vor Lachen. Ein Portugiese in Portugal, der „Zwei Bier“ auf deutsch bestellt. Danach waren wir aber am „Lieblingsplatz“. Bärbel kaufte eine BILD und eine Correio da Manhã (Morgenpost). Nun las ich Carlos die „novidades“ (Neuigkeiten) aus der portugiesischen Zeitung mit Übersetzung in deutsch vor und Bärbel berichte Carlos aus der BILD, was es in Deutschland Neues gibt. So hatte er einen informierten Full-Service.

Wir konnten ja kostenlos in Carlos` Haus wohnen. Nun wollten wir uns aber irgendwie erkenntlich zeigen. Wir luden ihn ab und zu mal zum Essen und trinken ein, kauften Zigaretten. Ich fegte die Piniennadeln vom Rasen am Pool und von der Autoauffahrt und einmal, Carlos brachte eine große Leiter mit und ich fand eine olle Säge, stellte ich die Leiter an die Palme und sägte die vertrockneten Palmwedel ab. Von nun an war ich in Portugal staatlich anerkannter Palmwedel-Absäger, ein Zertifikat, welches ich mir selbst ausstellte. Wir wuschen eine Unmenge an Bett- und sonstiger Wäsche und Bärbel bügelte alles und fegte und wischte den Boden des gesamten Hauses. Einmal kochte ich Gulasch und Carlos war sichtlich beeindruckt von meinen Kochkünsten, denn der Rotkohl schmeckte ihm besonders gut. Ich meinte nur, das wir heute wohl die einzigen in Vilamoura seien, die Gulasch mit Rotkohl essen würden. An diesem letzten Sonntag gingen wir auch das letzte Mal in unsere Strandbaude zu den netten, jungen Wirtsleuten. Es war so warm und als wir auf dem „Holzweg“ am Strand dorthin liefen, sagte Bärbel: „Nicht mal am Wasser eine Welle“. Wieder musste ich herzhaft lachen und merkte mir diesen sinnesträchtigen Satz, wie Ihr hier ja lesen könnt.

Ich habe hier vieles in Klammern in deutsch erklärt, da ich ja davon ausgehen muss, das dies hier auch viele lesen, die der portugiesischen Sprache nicht mächtig sind.

Ja, unsere Zeit war wirklich schön. Morgens Schiebefenster auf, ich in die Küche und kochte den Kaffee (Jacobs aus Deutschland mitgebracht, denn der port. Kaffee ist für mich ungenießbar) und dann raus aus dem Fenster und rauf auf die Terrasse zum Kaffee trinken und Zigarette rauchen. Derweil inspizierte Carlos seinen Pool und sah zu, was seiner kleiner Frosch tat und wie viele Käfer er des Nachts gefressen hatte. Er schimpfte über die Nachbarkatze, weil es ja sonst nichts anderes zum Ärgern gab, die schon wieder in seinem Garten herum schlich.

Am Dienstag war unser letzter Tag in Vilamoura und wir mussten zum Postamt in der Nähe unseres Orientierungspunktes „Carlos“. Wir hatten uns per Western Union noch 250€ schicken lassen, weil wir sonst zu knapp wären. Im Postamt ging alles sehr schnell und reibungslos. Bärbel wollte unbedingt mit dem Bus zurück nach Lissabon fahren. Sie erklärte dies auch sehr logisch. Von Vilamoura nach Loulé würde bedeuten, das wir erst einem langen Fußmarsch zur Bushaltestelle in Quarteira hätten, Fahrgeld nach Loulé bezahlen und dann an der Haltestelle in der Nähe des Bahnhofs in Loulé aussteigen, noch eine lebensgefährliche Brückenüberquerung vollführen dürfen und dies alles mit unserem Gepäck. Dem hatte ich als begeisterter „Bahnfahrer“ nichts mehr entgegen zu setzen. Also kauften wir uns an einer kleinen, etwa 2 qm großen Bretterbude in unserem Kiez (Aldeia da Marina) die Bus-Bilhets nach Lissabon. Ich fragte die Verkäuferin etwa dreimal, ob der Bus hier an der Paragem (Haltestelle) auch wirklich abfährt, was sie jedes Mal geduldig bejahte.

Am Mittwochmorgen ging es los. Es war alles gepackt, die Betten abgezogen und die Bettwäsche in die Waschmaschine getan. Bärbel wischte noch einmal den Boden. Ein letzter Kaffee. Carlos fuhr uns zur Haltestelle vor dem Lafers-Supermarkt. Wir verabschiedeten uns ganz herzlich, bedankten uns ganz höflich für die Gastfreundschaft und ich kaufte noch zwei Büchsen Bier und eine Selters für die Fahrt. Um 8.45 Uhr kam unser EVA-Bus nach Lisboa und ich staunte nicht schlecht, als unsere Ticketverkäuferin des Vortags auch mit uns an der Haltestelle stand. Ein ganz besonderer Service, wie ich glaube. Freundlich lächelnd, nickte ich ihr zu, irgendwie Dank zum Ausdruck bringend. In einem supermodernen Reisebus mit Toilette und Kaffebar ging es zunächst nach Albufeira, was allein 1 Stunde Zeit in Anspruch nahm . Dort sammelten wir noch einige Fahrgäste auf, ich konnte noch eine Zigarette rauchen und ab ging die wilde Fahrt. Straight away auf dem Highway nach Lisbon. Da gab´s auch kein Halten mehr. Was ist, wenn ich mal muss? Kurz vor Lissabon stellte ich fest, das in dem Bus auch eine Casa de banho (Toilette) vorhanden ist. Da war ich beruhigt und musste nicht mehr. In fast allen portugiesischen Bussen gibt es Musike, das macht das Reisen besonders angenehm. Hier sogar ein lustiges Filmchen.

Meio dia, Mittags, kamen wir am Busbahnhof Sete Rios (7 Flüsse) in Lissabon an. Ein frischer Wind wehte uns um die Nase, ganz entgegen meiner Vermutung und Internetrecherche, das es sehr warm sein würde.

Nun galt es sich zu orientieren. Sete Rios, war ich doch noch nie oder? Am Eingang zur Metropolitano de Lisboa (U-Bahn) stand ‚Sete Rios’ mit Untertitel Jardim Zoológico (Zoologischer Garten). Da waren wir doch schon mal und ich fragte einen transeunte, das ist kein portugiesisches Wortspiel aus Transe und Tunte, sondern heißt einfach Passant, nach der Richtung des Zoos. Dort angekommen, konnte ich mich noch genau an die Bushaltestelle zur Weiterfahrt zum Cais do Sodre erinnern. 3 Jahre sind doch keine Zeit. Der 158er kam und alles klappte, wie am Schnürchen, wie auf der gesamten Reise, fast schon erschreckend perfekt. Ich genoss besonders das letzte Stück der Busfahrt vom Miradouro (Aussichtspunkt) Bairro Alto, oberes Viertel, (Hier geht die Kabel-Bahn hinunter zum Restauradores-Platz) hinunter zum Chiado, die Rua do Alecrim fahrend. Wieder saßen wir bei den unfreundlichen Kellnern hinter dem Bahnhof Cais do Sodre mit herrlichem Blick auf den Tejo. Wir mussten ja erst bis spätestens 17 Uhr im Gästehaus der ABLA sein.

Freunde in Cascais
6. und letzter Teil

“Es ist vollbracht“. Wir hatten jetzt noch 2 Tage in Lissabon, besser gesagt, in Carcavelos. Ich rief Ferdie an und wir kamen überein, das wir uns morgen treffen würden. Dann ging es mit S-Bahn nach Carcavelos, auf der linken Seite sitzend, da man dort immer den Blick auf den Tejo und den Atlantik hat. Das Gästehaus der ora international, in Portugal ABLA, ist eine karitative Einrichtung der deutschen evangelischen Kirche in Zusammenarbeit mit Portugal. Hier könnt Ihr Euch informieren:

Die Organisation:
http://www.ora-international.de/

Das Gästehaus in Portugal:
http://www.ora-international.org/index.php?orga_id=32&setcookie=Go

Karla Mc Murray (Guesthouse Coordinator), nahm uns freundlich in Empfang. Wieder fragte sie, Uwe Ahrens? Nein, sagte ich wieder, das ist der von der deutschen Botschaft in Lissabon, den ich auch kenne, sehr schätze, der aber in Cascais wohnt und der mir beinahe mal einen VIP-Empfang auf der Gorch Fock in Lisboa ermöglicht hätte. Ich bin der Reinhard Ahrens. Mit unserem Zimmerpreis werden die Kosten des Hauses beglichen. Dieses Haus unterhält auch einen Kindergarten für sozial Schwache und unterstützt Projekte in Krisengebieten und in Afrika. Mit Übernachtung dort, tut man gleichzeitig auch viel Gutes. Und das Haus ist sehr komfortabel eingerichtet. Wir bezahlten gleich die 2 Übernachtungen, weil wir sonst das Geld ausgeben würden und anschreiben lassen müssten, wie wir ihr scherzhaft sagten. Ich wollte so gerne Cabrito (Zicklein) in Carcavelos mit Bärbel essen und davor den herrlichen Krabben-Cocktail, den ich besser nie gegessen hatte. Dazu sollte es aber nicht kommen. Im Zimmer angekommen, Reisetasche in die Ecke gestellt, Notwendiges entnommen und frisch gemacht. Ich durfte das ZDF mit 2 Fernbedienungen über Satellit herein holen.

Bärbel hatte solch einen Heißhunger auf frango (Hühnchen, diese plattgedrückten vom Holzkohlen-Grill). Ich schwärmte ihr öfter von dem Holzkohlen-Grill in Cascais (Casa dos Frangos) vor, der die ganze Straße im (Touristen-)Zentrum permanent einnebelte, was aber von der Stadtverwaltung niemanden zu stören schien, weil dieses Haus ja wohl als Steuereinnahmen intensive „Institution“ betrachtet wird. Wir also hin nach Cascais. Mein geliebtes Cascais. Ich bestellte mir aber eine Alheira, die aussieht wie eine Wurst, aus Nordportugal, genauer gesagt, aus Mirandela stammt und aus gehacktem Schweine- und Hühnerfleisch hergestellt wird. Dazu reichlich Majo und Ketchup. Wir waren beide sehr zufrieden und fütterten die Tauben mit Brotkrumen. Der Kellner kam und trat mit dem Fuß nach ihnen, um sie zu verscheuchen. Wir hatten völlig ins Fettnäpfchen getreten und ich fragte ihn vorsichtig, ob er keine Tauben mag. Er erklärte uns, das sie so frech seien, es sich herum spräche und sie in Scharen kommen und bei den Gästen auf den Tisch fliegen und dabei permanent auch ihren Darm entleeren würden, was manche gut gekleideten Gäste nicht so mögen würden. Konnte man ja auch verstehen. Von nun an bekamen sie nichts mehr von uns.

Gegenüber der Hühnchen-Braterei befindet sich der Taxi-Stand. Nun ging es zu meinen Kumpels. „Para bairro da assunção, faz favor“, sagte ich, wie immer, zum Fahrer, d.h. zum Himmelfahrtsviertel bitte. „Himmelfahrtsviertel“? Das hat in Deutschland so einen Endzeit-Stimmungs-Charakter. Eigentlich, aus meiner deutschen Sicht, ein bisschen übertrieben benannt, allerdings im katholischen Portugal nicht ungewöhnlich, denn ich habe ja ein halbes Jahr dort gewohnt und mich dort himmlisch, ja fast göttlich wohl gefühlt.

Ach, war das eine Freude, als ich ins „Wasserglas“, Copo d´Agua, kam. Herzliche Umarmung mit Antonio, dem Wirt und dem dicken, weißhaarigen Mann, dessen Namen ich nicht einmal weis. Sie saßen gerade beim Abendmahl. Ich fragte höflich, ob ich mir einen Moscatel aus dem Kühlschrank nehmen dürfte. „In der Tür (des Kühlschranks)“, war die knappe Antwort.

Zweite Station. Die gegenüberliegende Kneipe, dann zu Maria. Dann zu dem Viertel, wo man die herrliche Aussicht zum Atlantik und zu den Sintra-Bergen hat. Der alte Portugiese, der dort eine Art englischen Pub bewirtschafte, hatte aufgegeben. Es gab dort nur noch ein kleines Restaurant von ursprünglich vier. Dann zurück nach Carcavelos und ab ins Bett. Wir waren todmüde, wobei es Bärbel aber noch genoss, irgend etwas im ZDF anzuschauen. Ich schlief himmlisch.

Am nächsten Morgen, der letzte Tag unserer Reise, kamen wir in den Frühstücks-Raum, wo bereits eine Reisegruppe älterer deutscher Evangelisten saß. Sie hatten alle so eine heilige Aura um sich, das wir uns ganz still an einen Tisch setzten und das deutsche Frühstück (Wurst, Ei etc.) genossen, ohne mit ihnen zu kommunizieren. Wir gingen auch sofort in Richtung Atlantik, wobei wir aber noch das Einkaufszentrum in dem großen Hotel, aufsuchten und ein kleines Geschenk, einen lustigen Rucksack, für Enkeltochter Liliah kauften. In Carcavelos an den Atlantik zu kommen, hat eine Hürde. Die stark frequentierte Marginal (Hauptstraße) musste überwunden werden. Ich wusste, das es einen Tunnel gibt. Dieser war jedoch wegen Bauarbeiten geschlossen. Wir also weiter. Ein Überqueren der Straße hätte uns zunächst nur bis zur Mitte gebracht. Dann wären die Autos vor und hinter uns vorbei gedüst, sodass uns hören und sehen vergangen wäre. Wir fanden noch einen weiteren Tunnel und liefen am Strand zurück zu unserem Lieblings-Imbiss, vorbei an dem Brasilianer, der Kellner des Restaurants „Estrela do Mar“, Meeresstern, ist. Wieder schauten wir lange, ja bis zur Mittagsstunde, aufs Meer hinaus.

Damals war weniger Meer, d.h. der Strand zog sich länger hinaus. Jetzt im Oktober war das Wasser fast bis dicht am Imbiss dran und herrlich große Wellen peitschten über die Uferbefestigung.

Ein Zauberwetter mit ceu limpo, klarem, blauen Himmel und herrlichem Sonnenschein. Dicht an unserem Tisch wurde Nachschub gebracht und ein Sagres-LKW versperrte mir die Sicht auf den Atlantik. Manchmal kann es schon sein, das einem zuviel Bier die Sicht auf das Wesentliche versperrt, aber gleich ein ganzer LKW? Das war das Zeichen zum Aufbruch.

Nun fassten wir den Entschluss, nach Lissabon zu fahren und dort die alte Fregatte zu besteigen, von der ich Bärbel schon oft erzählt hatte. Die alte Fregatte ist schon viel herum gekommen. Insgesamt 5 Weltumsegelungen. 145 bis 379 Leute sollte sie befördern. Nach und von Goa in Indien. Oft waren es mehr als 600. Die müssen an Bord wie die Sardinen in der Büchse gewesen sein. Aber auch in Lissabon ist sie herum gekommen. 1963 ist sie völlig abgebrannt und lag als Wrack bis 1992 im Tejo. Dann wurde sie nach alten Plänen völlig neu rekonstruiert und aufgebaut. Erst war sie bei der Expo, dann in Alcantara und nun findet sie, die D. Fernandes II e Gloria, ihre endgültige Ruhestätte am Dock 2 in Cacilhas auf der Lissabon gegenüberliegenden Tejo-Fluss-Seite. Wir setzten über und liefen zur Fragata.

Ich sah nur die Bauarbeiter werkeln und dachte: „Schon wieder geschlossen“. Wir aber gingen weiter und entdeckten den offenen Zugang zum Schiff. Treppe rauf und nach den Super-Handys in verschiedenen Sprachen gefragt. Die sind so ausgelegt, das man z.B. vor dem Doppelsteuer steht, welches eine Nummer trägt und man diese dann ins Handy eintippt und man bekommt eine Erklärung, für uns z.B. in deutscher Sprache. Das Handy für deutsch ist aber lange schon defekt und man findet keine Firma, die es reparieren könnte. Als Trost ließ man uns dann unter Aufsicht in die Kapitänsmesse, die normalerweise für Besucher nicht zugänglich ist. Alle Menschen und Tiere auf diesem Schiff sind Wachsfiguren und sehr naturgetreu nachgebildet. Ja, ihr habt richtig gelesen, auch Tiere, denn bei den langen Fahrten wollten Kapitän und Offiziere auch mal Frischfleisch, ein Schlückchen Milch trinken und ein Frühstücksei essen. Die bekamen garantiert keine Skorbut. Vor dem Abstieg in das unterste Deck warnte man uns, das gleich das Licht wegen der Bauarbeiten ausgehen würde. Wir sind doch keine Weicheier und so stiegen wir hinab. Gleich ging auch schon das Licht aus, aber viel zu sehen gab es da unten eh nicht. Freundliche Verabschiedung bei den uniformierten Lebenden. Es ist schon interessant zu sehen, wie es dort installiert ist. Im Dock 2 ist es an einer Mauer angeschraubt. Neben dem Schiff wird noch an den Beibooten gewerkelt. Dort war ein Arbeiter zugange, den ich etwas fragte und der so schnell und viel antwortete, das Bärbel mich fragte, was er denn gesagt hat. Ich konnte ihr nur antworten: „Weiß ich nicht“, was sie doch sehr verblüffte, weil ich ja sonst fast immer was wusste. Hier am Ufer des Tejo in Cacilhas gibt es viele moderne und teure Restaurants.

Vor vielen Jahren trafen wir auf einer Reise hier einmal den schwarzen Koch mit seiner Freundin vom Berliner Restaurant ‚Alfama’, welches von Ligia geführt wurde und einen hohen Qualitäts-Level hatte. Leider starb Ligia viel zu früh an Krebs und ihr deutscher Mann Werner lebt nun in Portugal.

Wir aber setzten uns vor ein Restaurant vom alten Schlag. Ab und zu kam die Metro und gleich vermutete ich, das sie zu Testfahrten unterwegs sei, denn an dem Bahnhof wurde noch gearbeitet. Diese Vermutung bestätigte uns auch der Wirt.

Transportes Metro do Sul, hier steht es auch noch einmal für die, die der portugiesischen Sprache mächtig sind:

Comboios em teste: http://www.mts.pt/

Die Station wird jetzt im November offiziell in Betrieb genommen. Nach unserem Aufbruch gingen wir in Richtung Kirche und wollten eine Telefonkarte kaufen. Eine Telefonkarte gab es aber nicht, dafür entdeckten wir einen kleinen SCHLECKER. Bärbel ist fast ausgerastet, hat sie doch solange in Vilamoura auf Dinge verzichtet, die dort einen utopisch hohen Preis hatten. Nun am letzten Tag konnte sie sich noch mit allerlei Zeugs preisgünstig versorgen. Schlecker macht glücklich, besonders in Portugal.

Die Sicht auf Lissabon, von der Fähre aus Richtung Cacilhas kommend, ist immer wieder beeindruckend. Wo saßen wir dann wieder? Richtig, bei den unfreundlichen Kellnern am Cais do Sodre. Bärbel telefonierte mit Nadine und erfuhr die traurige Nachricht vom Krankenhausaufenthalt ihres Vaters. Ich rief Ferdie an und wir verabredeten uns um 18.30 Uhr im McDonalds in Cascais.

Gegen 19 Uhr waren wir dann auch dort, eine halbe Stunde später ist in Portugal durchaus legitim. Keine Ferdie, dafür kam aber seine „schüchterne“ Namorada, Freundin. Ich verspeiste noch schnell einen McFish, der recht ordentlich mundet und den es wohl nur in Portugal bei McDonalds gibt? Alle Nase lang telefonierte sie mit Ferdie, der wohl schon in Alges am Bahnhof war. Wir sollten doch schon in das Himmelfahrtsviertel fahren, wo wir das Fußballspiel Hertha BSC Berlin gegen Benfica Lissabon anschauen wollten, welches live aus Berlin auch in Portugal natürlich übertragen wurde. Dort angekommen, musste ich Ferdie erklären, wie er in das Himmelfahrtsviertel gelangen kann. Ich sagte ihm, er solle sich ein Taxi am Bahnhof nehmen, welches ich dann beim Eintreffen bezahlen würde. Etwa 5€ und nicht die Welt. Freundin und Ferdie kannten dies hier nicht und das Mädel war doch arg ängstlich, das Ferdie hier nicht hinfinden würde. Die Ansage im Taxi „Bairro da assunção“ führt unweigerlich nur in eine Straße, verfehlen unmöglich. Dann rief ich Sé Caetano, meinen Freund an, der auch gleich kommen wollte. Den musste ich dann auch noch “einfangen“, lief also die drei möglichen Restaurants ab, vergebens, obwohl er ja sagte, das er in bewusste Kneipe kommen werde, was ich aber in der Aufregung, meine Freunde um mich zu scharen, nicht so geschnallt hatte. Letztlich waren wir alle zusammen. Bei dem 1:0 für Benfica sprangen alle auf, mal eine andere Sicht der Dinge. Bei dem Ausgleich von Hertha war Ruhe. Ich spaßte mit Ferdie, Ferdie spaßte mit Sé, Sé spaßte mit mir, wir spaßten mit Bärbel und der Freundin von Ferdie, deren Name mir auch entfallen ist. Am 17. Dezember kommen sie ja nach Berlin, dann sollte ich ihn aber behalten haben. Es war ein Abend der Extra-Klasse. Sé trank seine Whiskies und bestand darauf, uns zum Bahnhof Cascais mit dem Auto zu bringen. Ein mulmiges Gefühl hatte ich denn schon, aber wir konnten partout nicht unhöflich sein. Lieber Abschied von Sé am Bahnhof, lieber Abschied von Ferdie und Freundin in der S-Bahn kurz vor Carcavelos. Nächster Morgen zum Flughafen, Abflug nach Berlin (die Bedienung vom Café Lisboa flog mit uns auch zurück, sie war zuhause in Guimaraes) und Ankunft an einem kalten, aber sonnigen Oktober-Freitag in Berlin. Das war´s. Halt, am nächsten Tag schon kam meine persönliche Saudade, Sehnsucht nach Portugal. Sehr schmerzhaft übrigens. „Ich fahre nicht mehr nach Portugal“, sagte ich zu Carlos. Er lachte nur und glaubte mir nicht. Nun ist er auch hier und ich muss mich in den nächsten Tagen mit ihm treffen.

Noch nicht richtig ausgesprochen, schon habe ich noch etwas, für mich wichtiges, vergessen. Sé sagte mir, das Vitor, mein senegalesischer Freund und Schwarz-Maler, tot sei. Schwarz-Maler? Na, weil er schwarz und Maler war. Er wollte im Mai noch nach Berlin kommen, hatte aber seine Telefonnummer in meiner Jeans mitgewaschen und nach Waschgang hatte ich nur noch ein leeres Blatt Papier. Ich habe ihn sehr gemocht und oft mit ihm zu Abend gegessen. Er war ein feiner Kerl. Nix mehr, "Pimba, Pimba", Vitor!

Mein dicker Hund, der alte und böse, ich berichtete in Bild und Text, ist auch verstorben. Ich sagte zu Sé, daß er auch schon ganz schlecht aussehe und ich ihn nächstes Mal vielleicht auch nicht mehr sehe. "Du stirbst zuerst", sagte er lachend. Na, vamos ver, wir werden sehen.

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